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nasstauchanzuege1.jpg (27829 Byte) Aus POSEIDON 1963

Brauchbare Naßtauchanzüge,
das wichtigste Mittel, um eine ganzjährige Ausbildung durchführen zu können.

oder
Warum der ökonomische Wettbewerb verloren ging!

NICHT ZUM LETZTEN MAL: NASSTAUCHANZUGE

Der Beitrag von Kamerad Franz Mönke über das Problem der funktionsfähigen Naßtauchanzüge ("poseidon", Nr. 12 62) ist wert, in unserer Zeitschrift ausführlich diskutiert zu werden. Den Lesern des "poseidon" sollte deshalb folgender interessanter Schriftwechsel, der in dieser Sache vor einiger Zeit geführt wurde, nicht vorenthalten bleiben:

An die Kaufm. Direktoren der Betriebe

VEB Leipziger Gummiwarenfabriken        VEB Gummiwerke Elbe            VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld
VEB Gummiwerk Ballenstädt                    VEB Gummiwerk Weißenfels

Betr.: Neoprenartiges Material

Sehr geehrter Herr Direktor!

Als Tauchsportler haben wir sehr große Schwierigkeiten, in größere Tiefen zu tauchen, weil die Kältegrenze des Wassers den Schutz des Körpers durch einen Gummianzug erforderlich macht.

Die bisher bekannten Methoden, in sogenannten Trockenanzügen zu tauchen, entsprechen nicht mehr in jedem Fall dem Stand der Technik. Der Trockenanzug besteht aus einem doppeltgummierten Gewebe. Als viel zweckmäßiger haben sich die Naßtauchanzüge erwiesen. Leider werden diese Anzüge aus Neopren bei uns nicht hergestellt und auch über die DHZ-Asbest lassen sich z. Z. keine einführen.

Ein nicht sehr befriedigender Ersatz ist Zellgummi in der Stärke von 5-8 mm. Besser wäre, wenn dieser Zellgummi mit einer feinen Gummihaut beschichtet werden könnte, vielleicht sogar von innen und außen. Das würde im strukturellen Aufbau etwa dem in anderen Ländern verwendeten Neoprenmaterial näherkommen und würde nach unseren Erfahrungen gute schützende Eigenschaften gegen Kälteeinflüsse haben.

Wir möchten deshalb die Frage an Sie richten, ob Sie versuchsweise etwa 4-10 m2 von diesem Zellgummi mit einer inneren und äußeren absolut dichten Gummihaut überziehen können. Die Gummihaut muß jedoch zumindest genau so stark dehnbar sein wie der Zellgummi.

Farblich wäre gelb oder schwarz am günstigsten.

Für Versuche dieser Art wären Ihnen Tausende Tauchsportler unserer Republik dankbar.

Das sind zunächst unsere laienhaften Vorstellungen. Vielleicht können Sie uns als Fachleute Hinweise und Ratschläge für diese Lösung des Problems geben und uns vielleicht eine praktische Hilfe vermitteln.

Wir hoffen auf einen positiven Bescheid von Ihnen.

Unterschrift


Die Antworten waren interesselos und nüchtern.

1. Leipziger Gummiwarenfabriken: Bitte an DIIZ wenden.

2. Gummiwerke "Elbe": Material wird im oben genannten Betrieb hergestellt.

3. Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld: Nicht in unserem Produktionsprogramm. Wenden Sie sich bitte auf alle Fälle an die zentrale Forschungsstelle der Gummi-Industrie im Gummiwerk "Elbe" (!)

4. Gummiwerk Ballenstädt: Produzieren wir nicht.

5. Gummiwerk Weißenfels: Produzieren wir nicht.

Ein gleichlautendes Schreiben wie an die Direktoren der genannten Betriebe ging nun voll Optimismus an die nach unserer Auffassung eigens für Neuentwicklungen in der Gummi-Industrie geschaffene Forschungsstelle.

Die Antwort war für eine Forschungsstelle von verblüffender Schlichtheit:

Zellgummi wird im VEB Leipziger Gummiwarenfabriken hergestellt, wenden Sie sich bitte an diesen Betrieb.

Der Ring war geschlossen - Verbraucher wendet sich an Handelsorgan, wird an Hersteller verwiesen, von dort wieder an Handelsorgan beziehungsweise Forschungsstelle und diese verweist an Hersteller.

Wir sind keine Zweckpessimisten, aber die Antwort des Gummiwerkes Leipzig haben wir nicht mehr eingeholt. Dieser Kreislauf überfordert einfach unsere Kräfte.

Ein Versuch. den Tauchsportlern unserer Republik zu einem neoprenähnlichen Material zu verhelfen, ist an dem mangelnden Interesse vor allen Dingen der Forschungsstelle der Gummiindustrie gescheitert.

Vielleicht kann unsere Zeitschrift "poseidon" mit Unterstützung des Zentralvorstandes der GST auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen weiterhelfen.

Der Naßtauchanzug hat infolge der niedrigen Temperaturen unserer Gewässer für die Tauchsportler in der DDR eine besondere Bedeutung. Es geht nicht nur um die Möglichkeit. länger und tiefer zu tauchen, die Angelegenheit ist viel ernster. Wie oft wird die Sportbegeisterung dazu führen, zu vergessen, daß Wasser eine 250mal größere Wärmeleitfähigkeit hat als Luft. Die Reaktionen des Körpers in Form von Blutgefäßverengungen vermögen das nicht vollends zu kompensieren. Die Folge sind Unterkühlungen, deren Auswirkungen, falls es sich nicht um schwere Fälle handelt, nicht sofort feststellbar sind, die aber bei häufigem Vorkommen neben vielen anderen Krankheitsbildern im überwiegenden Maße zu chronischen rheumatischen Leiden führen.

Diese ernste Seite des Problems Naßtauchanzug, die Sorge um die Gesundheit unserer Tauchsportler, wurde bisher zu wenig beachtet. Sie sollte der Anlaß sein, daß 1963 mit Unterstützung der GST und des "poseidon" das Problem Naßtauchanzüge einer optimalen Lösung zugeführt wird. Die Mitarbeit der Leser unserer Zeitschrift und aller aktiven Tauchsportler ist sicher.

Die Leistungsfähigkeit der sozialistischen Industrie in der DDR ist groß genug, um die materiellen Voraussetzungen für die stürmische Entwicklung des Tauchsports zu schaffen. Das beweisen die Berliner Gummiwerke, die um die Entwicklung von Tauchsportartikeln, speziell der neuen Schwimmflosse NAJADE, große Verdienste haben. Die anderen Betriebe der Gummiindustrie sollten sich daran ein Beispiel nehmen und künftiger beweglicher arbeiten.

Karl-Heinz Werner


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