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Tendenzen zur Mikrotechnik in der Konstruktion und Serienherstellung
von Lungenautomaten - Aufbau und Funktionsbeschreibungen
HELMUT KESSNER POSEIDON
1975, Heft 8
Fotos vom Webmaster hinzugefügt!
Vor etwa zehn Jahren brachte ich im poseidon" einen Bericht über getrennte zweistufige Lungenautomaten;
ein Trend der Entwicklung solcher Regler war damals noch nicht abzusehen. In den Jahren
danach drang der getrennte Automat rasch in alle Gebiete des Tauchens ein, der Standardtyp
des Mundreglers" in Form einer Schuhcremedose erhielt viele Varianten. Doch
Funktionssicherheit und Erhalt eines relativ geringen Atemwiderstandes setzten der
Verkleinerung der zweiten Stufe Grenzen. Es gab viele Verbesserungen, allerdings weniger
in der äußeren Form, als vielmehr an den technischen Parametern. |
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Die ersten Stufen haben sich in dieser Zeit nicht wesentlich verändert,
Ausnahmen sind die ersten Stufen des Alizé S" (siehe Foto rechts oben) und des
Spirolung Pro".
Erst vor einigen Jahren, als Konstrukteure das in den ersten Stufen schon lange übliche druckdichtende
Kolbensystem mit 0-Ringdichtung in Abwandlung auch in den zweiten Stufen nutzten,
konnten die Mundregler" kleiner gebaut werden. Der erste in Serie hergestellte
Mikroregler auf dem Tauchsportmarkt war der Piel M300" (Frankreich).
Seine erste Stufe zeigte die bisher übliche Bauart, allerdings regelte sie den Druck in
einem Toleranzbereich von fünf Prozent genau. Die zweite, die
Niederdruckstufe, konnte durch ein Kolbensystem sehr klein gehalten werden (siehe Foto
rechts unten). |
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Der Piel M300" war aber nur der erste Schritt in Richtung
Miniaturisierung unter Beibehaltung gleicher technischer Parameter. In rascher Folge
erschienen auch bald andere Mikroregler auf dem Markt:
Piel-Micronic-Volustat 73, Alizé S (von Spirotechnique) und Piel-Micronic-Volustat
400 (Anfang 1975); alle diese Typen sind so klein und in der Formgebung perfekt,
daß ich schon von der Grenze der Miniaturisierung sprechen möchte. |
Das Erstaunliche ist, daß die Mikroregler die geforderten technischen
Werte nicht nur mit Sicherheit und ohne Kunstgriffe erreichen, sondern sogar zum Teil
überbieten, z.B. im Vergleich mit einem in der Berufstaucherei geschätzten
normalen" Automaten, dem COMEX-PRO
Physalie, einem getrennten Regler üblicher Bauart:
COMEX 400 Liter/Minute, 4 mbar Einatemwiderstand,
6 mbar Ausatemwiderstand,
PIEL 500 Liter/Minute, 0,5 mbar
Einatemwiderstand (regelbar),
5 mbar Ausatemwiderstand,
SPIRO 400 Liter/Minute, 3,8 mbar
Einatemwiderstand,
8 mbar Ausatemwiderstand.
Die Beschreibung des Funktionsprinzips der zwei genannten Mikroregler soll zeigen, wie
diese Werte erreicht werden. |
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Alizé
S Die Konstrukteure der Fa. Spirotechnique haben nicht nur an die
Verkleinerung der Bauteile gedacht, sondern auch die optimale Form und Lage der Membrane
ermittelt.
Bei der Konstruktion der ersten Stufe berücksichtigte man die in aller Welt
unterschiedlichen Anschlussmöglichkeiten der Hochdruckventile in den Luftbehältern: der
Alizé passt ebenso an DIN-Ventilen wie am INT-Anschluß.
Das kleine Hochdruckventil besitzt einen Manometeranschluss für den Hochdruck, im
Niederdruckbereich ist ein T-Stück für einen zweiten Automaten (Tauchlehrer,
Rettungsweste usw.) vorgesehen.
Wie bei allen mir bekannten Mikroreglern ist das Dichtsystem des Alizé auf 0-Ringen
aufgebaut, an die Stelle des sonst üblichen Ventilsteines oder der Ventilwippe sind
Kolben getreten.
Funktionsprinzip (siehe Bild 2 und 4):
Das aus dem Behälter strömende Atemgas wird über ein kolbengesteuertes Ventil (Bild 1)
auf 7,5 bis 8,5 kp/cm² reduziert und durch einen sehr weichen, elastischen Schlauch über
einen nach allen Seiten drehbaren Anschluß (15) zum Regler geführt. Hier strömt es
über einen 0,3 mm starken Justierdraht (7) durch die Kolbenbohrung in den Arbeitszylinder
(8). Hier drückt die Luft den mit einer Feder vorbelasteten Kolben (6) auf den
Dichtungskrater; die Feder im Arbeitszylinder dient nur der Balance zum Dichthalten auf
dem Krater (12). |
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Oberhalb des Kolbens liegt das Hebelsystem in einer zum Mundstück hin
offenen Kammer. Der untere Hebel (4) wird von einem kleineren, an der Membrane liegenden
Hebel (2) berührt. In der Mitte des Hebels (4), genau über der durchbohrten Kolbenstange
(5), ist ein Weichplast-Dichtstück befestigt. Mit diesem Dichtstück dichtet der durch
die Blattfeder (3) vorbelastete Hebel (4) die Bohrung in der Kolbenstange (5) ab; die
Bohrung hat einen Durchmesser von etwa 0,1 mm.
Beim Einatemvorgang drückt die im Durchmesser 36 mm große Membrane (1), bewegt durch den
in der Kammer beim Einatmen hervorgerufenen Unterdruck, auf den Hebel (2). Dieser hebt den
federbelasteten Hebel (4) in seiner Mitte um etwa 0,5 mm an, gibt damit die Düse frei,
aus der ein geringer Luftstrom entweicht. Dadurch verliert der Kolben (6) die Balance und
wird durch den Überdruck vom Ventilkrater gedrückt. Dadurch gelangt das Atemgas durch
die 6 mm große Düse in die untere Kammer und von dort ins Mundstück. Bricht der
Einatemvorgang ab, hebt die Membrane (1) an, der Hebel (4) dichtet die Steuerdüse (5),
der Druck im Zylinder (8) steigt, der Kolben (6) dichtet den Krater (12) ab und
unterbricht den Luftstrom. Das Öffnen und Schließen des Kolbens vollzieht sich ohne
Verzögerung entsprechend der Atemphase. |
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Durch
das beschriebene Prinzip der Luftstromsteuerung wird bei kleinster Bauweise hohe
Durchflussleistung und niedriger Atemwiderstand (Bild 3) erzielt.
Beachtenswert ist auch die Lage der Membrane (1) in der oberen Kammer: Sie wird vom
ausströmenden Atemgas nicht ausgeblasen, die Verbindung zur unteren Kammer übernehmen
Kanäle. Beim Ausatemvorgang strömt die Luft durch das Mundstück wieder in die untere
Kammer zurück und von dort durch ventilverschlossene Ausatemstutzen in die Kanäle eines
Gummiformteils, das mit dem Mundstück eine Einheit bildet.
Am unteren Ende des Reglers sitzt ein Havarieknopf (11), mit dem der Kolben (6) manuell
vom Krater (12) gehoben werden kann. Der dadurch hervorgerufene Dauerluftstrom bläst den
eventuell vollgelaufenen Regler rasch aus (bei Pendelatmung o. ä.). |
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Neben ihrer Steuerfunktion hat die Düse (5) noch die Aufgabe eines
Überdruck-Sicherheitsventils: Wenn die erste Stufe z. B. durch Vereisung oder Verklemmen
stärkeren Mitteldruck zuläßt, überwindet der Luftstrom den vorbelasteten Hebel (4),
der Überdruck kann dadurch voll abblasen. Da beide Stufen des Reglers gegen den Druck
schließen, kann Alizé nicht versagen, allenfalls liefert er mehr Luft. Die Metallteile
sind aus Messing oder nichtrostendem Stahl, alle anderen Bauteile aus verschiedenen
Plasten. |
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Aus gleichen Materialien, aber interessanter im Aufbau, ist der Piel-Micronic-Volustat
73, ein hebelloser Automat, der mit nur wenigen Bauteilen auskommt und ausgezeichnete
Werte liefert.
Piel-Micronic-Volustat 73 1973
erschien der erste Mikroregler der Firma Piel auf dem Markt, der M300. Inzwischen gibt es
drei Typen für die unterschiedlichsten Bereiche. Bei allen Typen ist die erste Stufe
gleich in Funktion und Aufbau: Ein mit 0-Ringen gedichtetes Kolben-Membran-System regelt
den Hochdruck konstant auf einen um nur fünf Prozent schwankenden Niederdruck; diese
Genauigkeit ist ausschlaggebend für die präzise Funktion der zweiten Stufen. |
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Diese Stufen sind bei allen drei Typen unterschiedlich, das
Funktionsprinzip allerdings ist fast gleich.
Der Außendurchmesser der zweiten Stufe beträgt knapp 30 mm, sie ist 120 mm lang, sehr
leicht und elegant in der Formgebung. |
Funktionsprinzip:
Der Regler ist in eine Membranenkammer und eine Arbeits- und Düsenkammer unterteilt. Das
aus dem Hochdruckteil kommende Atemgas strömt mit 8 kp/cm² Druck durch einen sehr
flexiblen Schlauch (1) in den Regler. Die Feder (6) hält den Arbeitskolben (9) auf der
Hauptdichtung (5) und versperrt damit dem Gas den Weg in die Mundstückkammer. Das Atemgas
drückt sich weiterhin durch die Bohrung im Kolben, passiert ein Sinterfilterplättchen
und strömt am Ende des Kolbens (9) durch eine Kapillardüse (Durchmesser der Bohrung
unter 0,1 mm) ständig aus. Dieser kaum bemerkbare Luftstrom bläst wie ein Hauch gegen
die auf einem Ventilteller frei gelagerte und durch eine Feder leicht vorbelastete
Membrane (10). Durch diesen im Arbeitszylinder (8) so erzeugten Unterdruck"
wird mit Unterstützung der Feder (6) der Kolben auf der Dichtung (5) gehalten.Mit
Beginn des Einatemvorganges drückt sich die Membrane (10) gegen die Steuerdüse (9) und
unterbricht den Luftstrom. Im Arbeitszylinder (8) erhöht sich der Druck, überwindet die
Federkraft und hebt den Kolben (9) von der Dichtung (5). Das Atemgas strömt nun vom
Arbeitszylinder (8) in die Mundstückkammer. |
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Beendet der Taucher die Einatmung, hebt sich die Membrane (10) von der
Düse (9) ab, die Druckverhältnisse im Arbeitszylinder ändern sich, die Feder (6)
überwindet den geringer gewordenen Druck, drückt den Kolben auf die Dichtung (5) und
versperrt dem Gas wieder den Weg in die Mundstückkammer.
Die Ausatemluft geht an der Seite der mit einer Doppelfunktion belasteten Membrane (10,
als Ein- und Ausatemventil) vorbei, passiert das Moosgummiventil (4) und bläst ins Wasser
ab.
Mit dem Havarieknopf (11) kann man die Membrane (10) manuell auf das Ventil (9) drücken.
Mit der griffigen Rändelschraube (2) ist die Vorbelastung der Feder (6) und damit der
Einatemwiderstand regelbar. |
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Allgemeine Betrachtung
Alle Bauteile der Mikroregler sind präzise wie die einer Uhr gefertigt.
Jeder Regler Alizé S wird, bevor er in den Handel kommt, getestet: Nach der Montage
zeichnet man die Leistungskurve bei 85l, 200l und 300l Luftentnahme auf, danach kommt der
Automat auf ein Testgerät, das ihn mit einer Frequenz von 20 Atemzügen in der Minute
prüft. Entsprechend den gezeigten Leistungen wird der Regler justiert.
Von den technischen Daten abgesehen, scheint noch folgendes erwähnenswert:
- Die Mikroregler haben ein äußerst kleines Restvolumen.
- Sie lassen sich sehr leicht im Mund halten.
- Sie eignen sich speziell für UW-Fotografen und -Filmer, da sie die Sicht über
und in die Kamera kaum behindern.
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